Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will den Wehrdienst ab 2026 grundlegend reformieren. Das Bundeskabinett stimmte seinem Gesetzentwurf bereits im August zu, doch Union und Koalitionsfraktionen fordern Änderungen. Die Verhandlungen scheiterten, nun wird der ursprüngliche Entwurf im Bundestag beraten.
Hintergrund ist Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine, der die Bedrohungslage in Europa massiv verschärft habe. Die Bundeswehr benötigt laut Gesetzentwurf 460.000 Soldaten für die Landesverteidigung - 260.000 aktive Soldaten und 200.000 Reservisten. Aktuell sind nur rund 183.000 Soldaten aktiv und etwa 50.000 Reservisten beordert.
Neues Erfassungssystem ab 2026
Wer nach dem 1. Januar 2026 volljährig wird, erhält künftig einen Brief mit QR-Code zu einem Online-Fragebogen. Dort werden persönliche Daten wie Bildungsabschluss, Körpergröße und Bereitschaft zum Wehrdienst abgefragt. Junge Männer müssen den Bogen ausfüllen, für Frauen ist er freiwillig.
Pro Jahr sind etwa 300.000 bis 350.000 junge Männer betroffen. Wer den Fragebogen ignoriert oder falsche Angaben macht, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit Bußgeld rechnen.
Streit um Musterungspflicht
Pistorius will ab Juli 2027 eine flächendeckende Musterung für alle jungen Männer einführen. Die Strukturen dafür müssen erst wieder aufgebaut werden. Verteidigungsexperten von Union und SPD schlagen stattdessen vor, nur bei zu wenigen Freiwilligen weitere Männer per Losverfahren zur Musterung einzuladen.
Der zweite Konfliktpunkt betrifft mögliche Zwangseinberufungen. Pistorius' Entwurf erlaubt der Bundesregierung, Ungediente einzuziehen, «wenn die verteidigungspolitische Lage einen schnellen Aufwuchs der Streitkräfte zwingend erfordert». Die Koalitionsexperten wollen solche Entscheidungen direkt dem Bundestag übertragen.
Verfassungsrechtliche Fragen
Ein Losverfahren für den Wehrdienst wirft verfassungsrechtliche Fragen auf. Der frühere Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio hält in einem Gutachten für die Union eine «Kontingentwehrpflicht» für zulässig. Er argumentiert: «Ein ordnungsgemäßes Losverfahren stellt keine Ausformung von Willkür, sondern unter der Verwendung bestimmter Variablen und Verfahrensgrundsätze die Gewährleistung eines gerechten Zufallsverfahrens dar, innerhalb dessen der Zufall als eine objektive Konstante fungiert.»
Im Zweifel müsste das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Klagen gegen eine solche Regelung sind wahrscheinlich.
Deutlich höhere Bezahlung geplant
Um mehr Freiwillige zu gewinnen, soll die Bezahlung drastisch steigen. Wehrdienstleistende würden künftig wie Zeitsoldaten behandelt und erhielten etwa 2.300 Euro netto Startgehalt statt bisher 1.600 bis 1.700 Euro. Zusätzlich ist ein Zuschuss von bis zu 3.500 Euro für den Autoführerschein geplant - allerdings nur bei mindestens zwölf Monaten Wehrdienst.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.