Zehntausende haben am Samstag in Budapest gegen Ministerpräsident Viktor Orbán demonstriert und seinen Rücktritt gefordert. Auslöser der Massenproteste ist die Veröffentlichung eines jahrelang unter Verschluss gehaltenen Regierungsberichts, der über 3.000 Missbrauchsfälle in staatlichen Kinderheimen dokumentiert. Oppositionsführer Peter Magyar machte die Ergebnisse des 2021 erstellten Berichts am Freitag öffentlich – nur vier Monate vor den Parlamentswahlen und während seine Partei Tisza in Umfragen deutlich vor Orbáns Fidesz liegt.
Der Bericht basiert auf einer Befragung von 507 Betreuungspersonen aus 676 staatlichen Einrichtungen zwischen Juli und November 2021. Er belegt, dass mehr als ein Fünftel aller Minderjährigen in staatlicher Obhut von Missbrauch betroffen waren. Über 320 Kinder wurden Opfer sexueller Gewalt, davon 77 nachweislich missbraucht. Das ungarische Innenministerium bestätigte die Inhalte des Berichts, der bereits 2022 an Behörden weitergeleitet worden war.
Zusätzlich verschärfte ein diese Woche aufgetauchtes Video die Empörung. Die Aufnahmen zeigen den Direktor einer Jugendstrafanstalt in Budapest, wie er einem Jungen gegen den Kopf tritt. Anfang der Woche wurden daraufhin vier Mitarbeiter festgenommen, zuvor waren bereits drei weitere Angestellte verhaftet worden. Einem früheren Direktor wird vorgeworfen, einen Prostitutionsring geleitet zu haben.
Oppositionsführer greift Orbán scharf an
Peter Magyar warf der Regierung Versagen beim Kinderschutz vor. «Wir können es als Nation nicht erlauben, dass Kinder zu Schaden kommen», sagte er vor den Demonstranten. «Diejenigen an der Macht haben sich als unfähig erwiesen, sie zu schützen.» Auf Facebook erklärte Magyar: «Die Orbán-Regierung ist definitiv gescheitert.»
Die Demonstranten marschierten von Pest über die Donau zum Burgpalast, dem Amtssitz von Präsident Tamas Sulyok. Sie trugen Fackeln und forderten lautstark Orbáns Rücktritt. Die Regierung hatte zunächst versucht, die betroffenen Kinder als Kriminelle darzustellen – eine Formulierung, die selbst Orbán verwendete, bevor er klarstellte, dass Gewalt inakzeptabel sei.
Wahlen 2026 im Fokus
Die Proteste setzen Orbán unter massiven Druck vor den Parlamentswahlen im Frühjahr 2026. Magyars Tisza-Partei führt seit Monaten mit sechs bis zehn Prozentpunkten vor der rechts-populistischen Fidesz. Der Oppositionsführer war lange Jahre Mitglied von Orbáns Partei, brach aber im Februar vergangenen Jahres mit der Fidesz und warf ihr Korruption vor.
Um die Wahl zu gewinnen, müsste Tisza mindestens 54 der 106 direkt gewählten Wahlkreise erobern. Bei der letzten Wahl 2022 hatte Fidesz 87 Wahlkreise gewonnen. Erstmals seit Orbáns Rückkehr an die Macht 2010 könnte er damit eine Parlamentswahl verlieren.
Hintergrund des Skandals
Kindesmissbrauch in staatlichen Einrichtungen ist seit Februar 2024 ein brisantes politisches Thema in Ungarn. Damals trat Präsidentin Katalin Novak nach massiven Protesten zurück, nachdem sie den stellvertretenden Direktor eines Kinderheims begnadigt hatte, der wegen Beihilfe zu pädophilen Handlungen verurteilt worden war. Dieser Skandal bewog Magyar, seine breite Oppositionsbewegung zu starten.
Familienpolitik gilt als zentrale Säule von Orbáns Agenda. Er strebt eine höhere Geburtenrate bei ethnisch ungarischen Familien an und bietet finanzielle Anreize wie Steuerbefreiungen für Mütter mit vier oder mehr Kindern sowie zinslose Darlehen für junge Ehepaare. 2019 erklärte Orbán: «Wir wollen nicht einfach Zahlen, sondern ungarische Kinder.» Nach eigener Aussage hat Kinderschutz seit 2010 höchste Priorität in seiner Politik.
Betreuungspersonal kritisierte Polizei und Staatsanwaltschaft dafür, Ermittlungen oft ohne Anklage einzustellen – häufig mit Verweis auf fehlende Beweise. Nach dem aktuellen Gewaltfall stellte die Regierung alle Jugendstrafanstalten unter polizeiliche Aufsicht.
Hinweis: Dieser Artikel wurde mit Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt.











